Die Gemeinschaften haben entschieden: keine weibliche Genitalbeschneidung mehr

Die Gemeinschaften haben entschieden: keine weibliche Genitalbeschneidung mehr

In der Casamance, der südlichsten Region Senegals, ist weibliche Genitalbeschneidung (FGC) trotz eines gesetzlichen Verbots weiterhin weit verbreitet. In der Region Blouf mit seinen rund 48'000 Einwohner*innen, im Département Bignona nördlich des Casamance-Flusses, sind bis zu drei Viertel der Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren beschnitten.

FGC hat in Blouf keine jahrhundertealte Tradition: Erst vor rund 80 Jahren führten Mandinka, eine benachbarte Ethnie, den Islam bei den Diola ein und «verkauften» Beschneidung als religiöse Pflicht. Die Praxis ist heute eine verankerte soziale Norm, die die gesellschaftliche Akzeptanz von Mädchen und Frauen sichert. Sie wird als Voraussetzung für Heiratsfähigkeit und Familienehre angesehen. Zudem ermöglicht sie die Teilnahme am Initiationsritus gassousse, der Mädchen symbolisch in die Gemeinschaft der Frauen aufnimmt.

Die Folgen von FGC sind gravierend: Sie reichen von schweren körperlichen Schäden wie Infektionen, Geburtskomplikationen und chronischen Schmerzen bis zu psychischen Belastungen wie Traumata, Angstzuständen und Depressionen.

In der ersten Projektphase (2020–2023) hat die Organisation Eusobul mit 13 von 21 Dörfern im Blouf gearbeitet. Ziel war es, die gesamte Gemeinschaft einzubeziehen und den Wandel von innen heraus anzustossen. Selbst anfänglich skeptische Beschneiderinnen wurden aktiv eingebunden und schlossen sich schliesslich dem Projekt an. Im Oktober 2023 gaben die Beschneiderinnen gemeinsam mit Vertreter*innen der Gemeinschaft öffentlich bekannt, keine Mädchen und Frauen mehr zu beschneiden. Sie entschieden sich, den Initiationsritus gassousse umzugestalten, um die Tradition zu bewahren, aber auf FGC zu verzichten (siehe Video unten). Durch die enge Einbindung aller Akteur*innen, von lokalen Entscheidungsträger*innen bis zu den Beschneiderinnen, hat der Wandel eine breite Akzeptanz gefunden. Diese gemeinschaftsgetragene Veränderung macht eine Rückkehr zur Praxis sehr unwahrscheinlich.

In der neuen Projektphase soll das Erreichte in den 13 Dörfern gefestigt und die Arbeit auf die verbleibenden acht Dörfer des Bloufs ausgeweitet werden. Mentor*innen aus den bereits erreichten Dörfern werden die Arbeit in den neuen Dörfern unterstützen. Ziel ist es, die Traditionen und die kulturelle Identität des Blouf zu stärken, jedoch ohne Gewalt gegen Mädchen und Frauen. Diese Strategie fördert den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Region und initiiert eine Dynamik, die auf gemeinsamen Werten basiert. Sie unterstützt einen nachhaltigen Wandel, um FGC vollständig zu beenden und gleichzeitig die positiven Werte der Diola-Kultur zu bewahren.

Die direkte Zielgruppe des Projekts umfasst insgesamt etwa 6’500 Menschen in den acht «neuen» Dörfern des Blouf. Dazu gehören Jugendliche in Jugendclubs (120), Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren (2’640) sowie 400 Babys, die von Pat*innen «beschützt» werden. Darüber hinaus werden rund 3’000 Eltern in die Projektaktivitäten einbezogen. Ein wichtiger Teil der Zielgruppe sind auch die Badjen Gox (80) und Tontons Gox (80), die als respektierte Mitglieder der Gemeinschaft eine Schlüsselrolle im Veränderungsprozess spielen, sowie religiöse Führer (40). Zentral sind auch die Beschneiderinnen und Hüterinnen der Tradition (64), die aktiv in die Umgestaltung des Initiationsritus eingebunden werden.

Medienbericht über die Konferenz in der Casamance im Oktober 2023

Partnerorganisation
Eusobul, Sister Fa

Projektlaufzeit
1.1.2024 bis 31.12.2026

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