Soziale und wirtschaftliche Herausforderungen
Senegal rangiert im aktuellen HDI 2023 auf Platz 168 von 191 Ländern. Trotz wirtschaftlicher Potenziale durch neue Erdgas- und Ölvorkommen bleibt die Lage angespannt: Hohe Jugendarbeitslosigkeit, Energieknappheit und Inflation prägen den Alltag. Viele junge Menschen sehen in Migration die einzige Perspektive. Die Gewinne aus dem Rohstoffsektor kommen bislang kaum der breiten Bevölkerung zugute, während soziale Ungleichheit wächst.
Die Präsidentschaftswahlen 2024 – Ein Wendepunkt mit gemischten Erwartungen
Die Präsidentschaftswahlen 2024 markierten einen entscheidenden Moment in der politischen Geschichte Senegals. Nach jahrelanger Unruhe und der Verschiebung der Wahl im Februar ging Ousmane Sonko als Sieger hervor. Als Oppositionsführer und Kritiker der politischen Elite erhielt er vor allem Unterstützung von der Jugend, die seine Versprechen auf Reformen gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und soziale Ungerechtigkeit beflügelten.
Sonkos Wahlsieg symbolisiert einen Bruch mit der bisherigen Regierungsführung und weckt Hoffnungen auf einen politischen Neuanfang. Gleichzeitig sorgt seine Nähe zu konservativen und religiösen Kräften für Polarisierung. Diese Polarisierung hat Auswirkungen auf die LGBTQI+-Community.
Verschärfte Diskriminierung der LGBTQI+-Community unter der neuen Führung
In Senegal bleibt die Haltung gegenüber homosexuellen Menschen stark konservativ. Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind strafbar und werden mit bis zu 5 Jahren Haft geahndet. Unter der neuen politischen Führung hat die Diskriminierung zugenommen: Hetze, Übergriffe und öffentliche Stigmatisierung häufen sich. Aktivist*innen und Organisationen, die sich für die Rechte der LGBTQI+-Community einsetzen, stehen unter wachsendem Druck und gesellschaftlicher Ausgrenzung.
Frauenrechte in Senegal – Ein Kampf zwischen Fortschritt und Widerstand
Frauen in Senegal leisten einen überproportionalen Beitrag zur Wirtschaft, vor allem im informellen Sektor, sind jedoch von struktureller Ungleichheit betroffen. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Entscheidungsprozessen bleibt eingeschränkt. Frauen tragen oft die Hauptlast für Haus, Hof und Familieneinkommen, während patriarchale Gesetze und Normen ihre Rechte untergraben. Trotzdem bleibt die senegalesische Frauenbewegung ein entscheidender Motor des Wandels. Seit den 1970er-Jahren mobilisieren Frauenorganisationen erfolgreich für Gleichstellung. Wichtige Meilensteine sind:
Die Umsetzung dieser Gesetze bleibt jedoch unzureichend. Der „Code de la Famille“ von 1972 definiert Männer als „Familienoberhaupt“, erlaubt Kinderehen ab 16 Jahren und verhindert erzwungene Vaterschaftsnachweise. Konservative Kräfte blockieren zudem die Umsetzung des Maputo-Protokolls von 2005, das Abtreibung unter bestimmten Bedingungen erlauben würde.
Die „Me Too“-Bewegung, in Senegal unter dem Hashtag „Balance ton saï-saï“ bekannt, wird vor allem von jungen, intellektuellen Frauen getragen. Sie kämpfen gegen das Patriarchat, für körperliche Selbstbestimmung, Zugang zu Verhütungsmitteln und die Achtung der sexuellen und reproduktiven Rechte. Dennoch stossen sie auf starken Widerstand aus religiösen und traditionellen Kreisen.
Senegal als Stabilitätsanker in Westafrika
Senegal bleibt trotz dieser Herausforderungen ein Stabilitätsanker in Westafrika. Im Gegensatz zu Nachbarstaaten gab es bislang keine Staatsstreiche, Wahlen werden regelmässig durchgeführt, und die Zivilgesellschaft bleibt stark. Aktivist*innen, Medien und zivilgesellschaftliche Organisationen überwachen die Regierung, fördern Dialog und setzen sich für soziale Gerechtigkeit ein.
Senegal nimmt eine wichtige Rolle in der Region ein: Es engagiert sich für Frieden, wirtschaftliche Integration und panafrikanische Zusammenarbeit. Die politische Stabilität, die bisherige Gewaltfreiheit und der gesellschaftliche Dialog tragen zu seiner besonderen Stellung bei. Die Universitäten und intellektuellen Eliten leisten dabei wertvolle Beiträge zur Lösung der sozialen Probleme und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Jugend.
Eckdaten
Fläche: 196.722 km2
Hauptstadt: Dakar / ca. 3,34 Mio. Einwohner*innen
Bevölkerung: 18,85 Mio.
Bevölkerungswachstum: 2,5% pro Jahr (2015: 2,7%)
Städtische Bevölkerung: 49,6%
Säuglingssterblichkeit: 32 auf 1000 Lebendgeburten (2015: 51,5)
Müttersterblichkeit: 261 pro 100‘000 Geburten
Anzahl Geburten pro Frau: 4,06
Lebenserwartung: 70.6 Jahre
Ärzt*innen: 0,09 auf 1000 Einwohner*innen (2019)
Alphabetisierung (über 15-jährige, die lesen und schreiben können): 56,3%
Quelle: CIA World Fact Book (2025)