Das schwere Erbe des Kommunismus und wirtschaftliche Schwächen
Der Kommunismus unter Enver Hoxha hat Albanien wirtschaftlich und gesellschaftlich tiefgreifend geprägt. Nach dem Zusammenbruch des Regimes 1991 dauerte der Übergang zur kapitalistischen Marktwirtschaft lange an und wurde von wirtschaftlichen Krisen, politischer Instabilität und Korruption erschwert. Das Land kämpft weiterhin mit hoher Arbeitslosigkeit, einer schwachen Wirtschaft und einem grossen informellen Sektor, der das Wachstum hemmt. Erschwerend hinzu kamen das Erdbeben von 2019 und die COVID-19-Pandemie, die Albanien wirtschaftlich stark belasteten. Auch der Krieg in der Ukraine wirkt sich auf das Land aus: Steigende Preise für Energie und Lebensmittel verschärfen die Ernährungssicherheit vieler Familien. Dennoch verzeichnete Albanien 2024 leichte wirtschaftliche Erholungsanzeichen, vor allem durch gezielte Reformen und neue Infrastrukturprojekte, die ausländische Investitionen anziehen.
Lange bestehende Ungleichheiten verschärfen sich
Albanien ist weiterhin von regionalen und sozialen Ungleichheiten geprägt. Die ländlichen Regionen hinken wirtschaftlich hinterher, während ethnische Minderheiten wie die Roma oft von Bildung, Infrastruktur und sozialen Dienstleistungen ausgeschlossen sind. Das niedrige Einkommen und das ungleichmässige Wirtschaftswachstum verschärfen diese Diskrepanzen.Unter der langjährigen Diktatur wurden die kulturell verankerten patriarchalen Strukturen zusätzlich gefestigt. Diese prägen das gesellschaftliche Leben bis heute und wirken sich besonders auf Frauen und Mädchen aus.
Fortschritte im Bereich Frauenrechte
Dennoch sind in den letzten Jahren positive Entwicklungen erkennbar: Albanien hat seinen rechtlichen und institutionellen Rahmen zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt verbessert. Die 2021 eingeführte Gleichstellungsstrategie (2021–2030) orientiert sich stärker an internationalen Standards. Wichtige gesetzliche Änderungen ermöglichen eine umfassendere Definition von Gewalt: Statt nur von «häuslicher Gewalt» zu sprechen, verwendet das Gesetz nun den Begriff «Gewalt gegen Frauen und Mädchen», um die verschiedenen Dimensionen geschlechtsbasierter Gewalt besser abzubilden. Zudem wurden die rechtlichen Grundlagen für kostenlose Rechtshilfe verbessert, um Betroffenen von Gewalt den Zugang zu gerichtlicher Unterstützung zu erleichtern. Diese Reformen sind bedeutende Schritte zur Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen.
Fehlende Unterstützung für Betroffene bleibt ein Problem
Trotz dieser Fortschritte bleibt der Handlungsbedarf gross: Der Zugang zu staatlicher Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen ist weiterhin unzureichend. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die spezialisierte Dienste bereitstellen könnten, erhalten kaum finanzielle Unterstützung durch den Staat. Das fehlende Vertrauen der Betroffenen in das Justizsystem, gesellschaftliche Tabus und der oft schwierige Zugang zu Rechtsbeistand halten viele Frauen davon ab, Gewalt zur Anzeige zu bringen.
EU-Integration als Hoffnungsschimmer
Politisch bietet der offizielle Beginn der EU-Beitrittsgespräche 2022 Albanien die Möglichkeit, wichtige Reformen voranzutreiben. 2024 arbeitet das Land verstärkt an der intraregionalen Zusammenarbeit auf dem westlichen Balkan, um den Weg zur EU-Mitgliedschaft zu ebnen. Die internationale Gemeinschaft lobt die jüngsten Schritte Albaniens, betont jedoch, dass weitere Reformen in den Bereichen Korruptionsbekämpfung, Justiz und soziale Gleichstellung notwendig sind.
Eckdaten
Fläche: 28.748 km2
Hauptstadt: Tirana / 520'000 Einwohner*innen
Bevölkerung: 3,1 Mio.
Bevölkerungswachstum: 0.19 % pro Jahr
Städtische Bevölkerung: 64 %
Säuglingssterblichkeit: 10,5 pro 1000 Lebendgeburten
Müttersterblichkeit: 8 pro 100‘000 Geburten
Geburten pro Frau: 1,5 Geburten pro Frau
Lebenserwartung: 79 Jahre
Jugendarbeitslosigkeit (bis 24): 27.8 %
Quelle: CIA World Factbook (2025)