Frauen sind weltweit immer noch benachteiligt. Ihre Menschenrechte werden verletzt, vielfach sind sie Opfer von Ausbeutung und Gewalt. IAMANEH engagiert sich im Westbalkan gegen jegliche Art von Gewalt und Missbrauch. Wir wollen die Stellung und Handlungsfähigkeit von Frauen nachhaltig verbessern.
Maja, wo liegt der Fokus im Westbalkan?
Das übergeordnete Ziel in den Projekten ist weiterhin die Verbesserung der Rechte und der Handlungsmöglichkeiten von Frauen, ein besserer Opferschutz und eine Verringerung der Gewalt gegen Frauen und Kinder. Wir haben aber unseren Fokus vermehrt auf die Gender- und Gewaltpräventionsarbeit mit Männern und Buben gelegt. Sie werden gezielt als Akteure für Veränderung angegangen, denn sie spielen einen wichtigen Part im Wandel von Geschlechterrollen. Wir setzen bei der konkreten Gewaltarbeit mit Männern und Jugendlichen an, sei es in der direkten Täterarbeit oder in der Ausbildung von Schülern zu Vermittlern für die gewaltfreie Konfliktlösung an Schulen und in jugendlichen Paarbeziehungen.
Was wurde bisher umgesetzt?
Wir haben als erste Organisation zusammen mit unserem Projektpartner ein Männerzentrum in Bosnien-Herzegowina eröffnet, welches mit gewalttätigen Männern arbeitet und Männer in Krisen berät. Mittlerweile gibt es auch zwei solcher Zentren in unseren Projekten in Albanien. Im Vorfeld wurden Ausbildungsprogramme für Gewalt- und Täterberater geschaffen, damit Männer diese Arbeit mit Männern machen und weiterentwickeln können.
Daneben ist es wichtig, das Thema auch auf das politische Parkett zu bringen und es nicht bei punktuellen Pionierprojekten zu belassen. So haben wir in Bosnien-Herzegowina wie in Albanien von Anfang an darauf gesetzt, dass die Täterarbeit eine staatliche Verantwortung sein muss und nicht allein durch international finanzierte Initiativen von Nichtregierungs-Organisationen abgedeckt werden kann. Der Dialog mit Ministerien und multilateralen Akteuren war zunächst harzig. Mittlerweile gibt es in Albanien einen nationalen Aktionsplan für den Einbezug von Männern und Buben in die Gleichstellungs- und Gewaltpräventionsarbeit und in beiden Ländern ist Täterarbeit fest in der Opferschutzgesetzgebung verankert. Dies bildet ein wichtiges Rückgrat für die Weiterentwicklung der Arbeit unserer Partner und deren breitere Verankerung im öffentlichen Bewusstsein.
Was hast Du aus diesen Erfahrungen gelernt?
Eine der wichtigsten Erfahrungen überhaupt ist es, dass die Entwicklung einer gender-transformativen Haltung bei Männern und Jugendlichen nur über die vertiefte Konfrontation mit ihren Emotionen möglich ist. Erst durch die Auseinandersetzung mit sich selbst, der eigenen Dominanz, Verletzlichkeit und Betroffenheit in einem patriarchalen System können Wert- und Normvorstellungen aufgeweicht und über deren Veränderung nachgedacht werden. Um neue Verhaltensweisen auszuprobieren, müssen Räume geschaffen werden: Die Schule zum Beispiel ist ein wichtiger Austragungsort, zentrale Bedingung ist hier der Einbezug von Lehrern und Eltern.
Schliesslich lerne ich aus unseren Erfahrungen, dass die Zusammenarbeit von Frauen- und Männerorganisationen deutlich mehr Mobilisierungskraft entfalten lässt. Das Zusammenspannen für gemeinsame Ziele führt zu einem zielgerichteten Vorgehen und verhindert, dass vermeintliche Frauen- und Männerinteressen gegeneinander ausgespielt werden.
Wie sieht Genderarbeit für Dich in Zukunft aus?
Genderarbeit muss ebenso männlich wie weiblich sein. Und Männer müssen ihre eigene Auseinandersetzung mit dominanter Männlichkeit, Patriarchat und Geschlechterungleichheit führen und sich aktiv für Veränderung einsetzen. Es geht um das Erkennen der eigenen Betroffenheit und des Mehrwerts, welcher eine geschlechtergerechtere Welt für sie selbst, für ihre Frauen und Kinder und die ganze Gesellschaft bringt.