Bibiane, wie kamst Du als gelernte Elektronikerin und Informatikerin zur Entwicklungszusammenarbeit?
Durch meine Mutter. Sie wurde jung Witwe und hat beim Tod meines Vaters alles verloren. Denn in Burkina Faso, wie auch in anderen afrikanischen Ländern, wird mehrheitlich traditionell geheiratet, nicht standesamtlich. Wenn der Ehemann stirbt, steht die Frau ohne Papiere und ohne gesetzliche Anerkennung ihrer Eheschliessung da. Meine Mutter engagierte sich daraufhin für andere verwitwete Frauen. Ich war als Kind oft bei den Aktivitäten dabei und "rutschte" so in diese Welt, die mich stark geprägt hat.
Was hat Dich an der IAMANEH-Stelle „Landeskoordinatorin“ am meisten interessiert?
Ich habe in mehreren Organisationen in Burkina Faso gearbeitet, in der reproduktiven und sexuellen Gesundheit und im Bereich Gender. Mein Spezialgebiet waren die einkommensfördernden Massnahmen. Ich habe Frauen ausgebildet - zum Beispiel bei der Hühnerzucht - und sie begleitet, damit ihre Aktivität Erfolg hat. Ich habe immer mit der lokalen Bevölkerung zusammengearbeitet. Bei diesem Job bin ich die Vertreterin von IAMANEH auf Ebene des Staates, der Autoritäten sowie der Partnerorganisationen und kann so auch vermehrt Einfluss nehmen. Für mich bedeutet diese Funktion eine wichtige Weiterentwicklung.
Welchen Eindruck hast Du von IAMANEH Schweiz?
Mein erster Eindruck war sehr gut, ich habe festgestellt, dass IAMANEH nur aus Frauen besteht. Das kommt natürlich von den Themen her, aber sicher auch deswegen, dass Teilzeitstellen für Männer nicht so attraktiv sind. Ich bin überzeugt, dass Frauen ausdauernder sind und Details mehr Beachtung schenken als Männer.
Du bist zum ersten Mal in der Schweiz, was ist Dir aufgefallen?
Ich bin erstaunt über die Sprachenvielfalt, über die Offenheit und die Neugierde der Menschen. Ich sehe Parallelen zu Burkina Faso, welches wie die Schweiz von der Vielfalt der umliegenden Länder beeinflusst wird. Positiv aufgefallen ist mir, dass die Autos anhalten, wenn ich die Strasse überqueren will und dass niemand beim Einsteigen ins Tram drängelt oder schubst.
Was wünschst Du Dir für die Zukunft?
Ich freue mich, zusammen mit IAMANEH an der Länderstrategie Westafrika zu arbeiten, Sensibilisierungsaktionen durchzuführen, die ein Umdenken auslösen, mit den Behörden zu verhandeln, damit Gesetze nicht nur auf dem Papier existieren, sondern auf dem Terrain umgesetzt werden. Und für mich privat wünsche ich mir zu heiraten, ich glaube fest daran!